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a tapestry of fate and wonder

Die Welt


Die Entstehung der Welten

Auszug aus den Heiligen Archiven der Krestus-Kirche:

»Als der Ur-Vater seine zwölf Kinder gebar, entstand die Erste Welt, Auroria. »Diese Welt schuf ich für euch – hier sollt ihr fortan leben und euch der Harmonie und Liebe hingeben, die allem innewohnt.« Mit diesen Worten legte sich der Ur-Vater zur Ruhe, bereit für seinen tiefen Schlaf.

Auroria war durchdrungen von Magie, sichtbar und spürbar in jeder Ecke. Doch die erste Welt war leer – es gab kein Leben, und so erschufen es die zwölf Götter. Wälder entstanden, die wie grüne Meere wogten, und Berge, die majestätisch in den Himmel ragten. Flüsse und Seen glitzerten im ewigen Licht mehrerer Sonnen, die unermüdlich Wärme und Licht spendeten. Pflanzen in allen Farben und Formen sprossen aus der Erde hervor – die reinste Symphonie der Natur. Es war eine Welt, in der es an nichts mangelte.

Bald darauf bevölkerten die ersten Wesen die Welt. Feenwesen, schillernd und vielfältig, belebten die Luft mit ihrem leisen Summen. Drachen, majestätisch und erhaben, glitten über die Berge, und edle Einhörner mit ihrem glänzenden Fell streiften durch die Wälder. 

Unzählige weitere Geschöpfe erschienen, eines prächtiger als das andere. So auch die zahlreichen Elfen, deren Eleganz und hohe Gestalt sie zum Inbegriff der Schönheit machten. Rekolias und Nephide, zwei mächtige Gottheiten, hatten sie mit großer Sorgfalt und Liebe zum Detail erschaffen. Der kleine Gott Thaluk, erfüllt von dem Wunsch zu zeigen, dass wahre Stärke nichts mit Größe zu tun hat, erschuf die Zwerge. Diese kleinen, aber robusten Wesen waren bekannt für ihre handwerkliche Geschicklichkeit und ihren unermüdlichen Arbeitsgeist. Merdas, der Gott des Wandels und der Reize, war der Überzeugung, dass äußere Schönheit von keinerlei Bedeutung sei. In seiner Kreativität und Andersartigkeit brachte er die Goblins hervor, grotesk anzusehen, doch von scharfsinnigem Verstand und unvorhersehbarer Raffinesse. So entstanden die Völker, jedes ein Spiegelbild göttlicher Eigenheiten und Ambitionen. Jahrtausende vergingen in Frieden und Harmonie, eine Zeit, in der kein Wesen dem anderen Schaden zufügte. Die Welt erblühte in Vielfalt und Pracht, ein wahrer Reigen der Existenz. 

Krestus, der jüngste und ehrgeizigste der Götter, wählte den Zeitpunkt seiner Schöpfung mit Bedacht; er wollte, dass seine Kreation alle anderen überragte. Geduldig beobachtete er die Werke seiner Geschwister, sammelte die besten Eigenschaften und destillierte diese zu einer einzigartigen Essenz. So erschuf er die Menschen – ein Volk, das durch Tatendrang, unersättliche Neugier und unerschütterlichen Ehrgeiz geprägt war, dazu beflügelt von einem starken und unbezwingbaren Willen. 

Doch trotz der vielen Talente der Menschen blieb ihnen eine tiefe Resonanz zur Magie verwehrt. Diese Abwesenheit beeinflusste ihr Schicksal immens, machte sie kurzlebiger und raubte ihnen die Fähigkeit, die Harmonie Aurorias in vollen Zügen zu genießen. Ihnen blieb keine Zeit, Jahrhunderte in träumerischen Gefilden zu verweilen – ihr Leben glich einem flüchtigen Feuer, das rasch verbrannte. 

Die Schlingen aus Neid und Habgier legten zum ersten Mal ihren Schatten über die Erste Welt. Dunkle Gelüste verpesteten die Herzen der Menschen. Sie begannen, einander zu betrügen und zu verführen. Diese Verderbtheit breitete sich aus wie ein Geschwür und verstrickte sogar die unschuldigen und unwissenden Götter in ein Netz aus Intrigen. Die einst reinen Völker verbanden sich und brachten die ersten Mischwesen hervor. Halbelfen und Halb-Orks waren nur der Anfang. Auch seltenere Geschöpfe wie Faunels, Tieflinge, Dracothane, Harpyloths und andere Kreaturen krochen hervor. Die mächtigsten unter ihnen entstammten jedoch der Vereinigung von Sterblichen und Göttern: geflügelte Wesen von überwältigender Macht – die Alyagar. 

Tosender Donner zerbarst den Himmel. Der Ur-Vater war mit einem Auge erwacht, um seine Kinder und die Welt zu beobachten. Unter seinem Blick geschah das Unvorstellbare – der erste Mord ereilte Auroria. Zum ersten Mal in seiner Äonen um Äonen währenden Existenz schäumte der Ur-Vater, der sonst nur Liebe und Güte kannte, vor Wut. Mit krachendem Donnerhall riss er aus seiner Selbst zwei neue Welten hervor.

Die eine wurde ein matter Abklatsch der Ersten Welt, mit Meeren, Bergen und Wäldern, ganz wie ihr Vorbild, jedoch ohne Magie und weniger farbenprächtig. In diese Welt verbannte er die Menschen. Die andere Welt, die er neu erschuf, war voller Schwärze und Dunkelheit. In diese verbannte er, mit Tränen in den Augen, die zwölf Götter, seine einst so geliebten Kinder, die ihn bitter enttäuscht hatten.

Nachdem er die Welten aufgeteilt und seine Erste Welt in endloser Harmonie gewähnt hatte, zerbrach ihm angesichts seiner verlorenen Kinder das Herz. Von endlosem Kummer überwältigt, verfiel der Ur-Vater in seinen ewigen Schlaf, aus dem er nie wieder erwachen sollte.

Über die Jahrhunderte erblühte die zweite Welt, die neue Heimat der Menschen, und man taufte sie Valagur. Während das Volk der Menschen emporstieg und prächtige Zivilisationen aus dem Erdreich wachsen ließ, breiteten sich Chaos und Entsetzen in Inferis, der Dunklen Welt, aus.

Die verstoßenen Götter sanken in einen Ozean aus Trauer, eine Mischung aus Wut, Unglauben und tiefer Enttäuschung. Die meisten ertrugen ihr Exil mit stoischer Gelassenheit. Doch einige konnten sich mit ihrem schmerzhaften Los nicht abfinden. In ihrem Inneren keimte das Böse, und der Gedanke an Rache entzündete ihre Herzen. In der finsteren Umarmung der Dunkelheit erschufen sie das Einzige, was ihnen möglich war: schattenhafte Abscheulichkeiten und furchteinflößende Ungeheuer, in denen die pure Bosheit wie ein giftiges Feuer brannte. 

Es dauerte neun Jahrhunderte, bis die fünf abtrünnigen Götter ein Loch in das Gefüge der Welten rissen und für sich und ihre finsteren Heerscharen den Pfad zurück in die Erste Welt, nach Auroria, bahnten. So begann die Rebellion der Abtrünnigen Fünf, die dreiundzwanzig Jahre lang wütete und die Welt in einen Strudel aus Kummer und Schmerz stürzte. Die Erste Welt hielt sich tapfer, doch am Ende musste sie eine bittere Niederlage hinnehmen. Letztlich fehlten ihnen ihre Götter – wie sollte man auch einen Gott bekämpfen, ohne selbst einer zu sein? Ihre ewigen Gebete an die verbliebenen guten Götter, den Sieben Getreuen, verhallten ungehört in der von Blut und Tod getränkten Nacht, die keine Rettung versprach. 

So geschah es, dass in der immer mehr von Schatten verschlungenen Welt, die einst in Farbenpracht und Freude erstrahlte, in der ihre Bewohner Jahrtausende lang glücklich gelebt hatten, die letzte, unerbittliche Schlacht begann. Nirodias, der letzte verbliebene Alyagar, stellte sich dem finsteren Gott Therunak, dem ältesten der Abtrünnigen, dessen finstere Magie es erst ermöglicht hatte, die Welten zu durchbrechen.

Nirodias, Sohn der schönsten aller Götter, Nephide, kämpfte tapfer gegen Therunak in einer schier endlosen Schlacht. Schließlich gelang es ihm, sein flammendes Schwert durch das schwarze Herz seines Widersachers zu stoßen. Doch mit seinem letzten Atemzug entfesselte der dunkle Gott eine Magie von solch immenser Kraft, dass sie alles um ihn herum zu zerstören vermochte. 

Mit einem Lächeln auf den Lippen sah Nirodias, der strahlende Held, wie sich dünne Fäden zu immer größer werdenden Rissen ausweiteten. Noch während der dunkle Gott tot zu Boden fiel, schufen diese Risse Durchgänge in die Welt der Menschen – nach Valagur. Dann wurde Nirodias und Therunak durch die entfesselte Magie des Abtrünnigen in tausend Stücke gerissen.

Die letzten verbliebenen Bewohner der Ersten Welt flüchteten durch die neu entstandenen Portale. Die Schattenwesen, die ihnen nachsetzen wollten, scheiterten trotz all ihrer Kraft. Denn obwohl die Portale durch Therunaks entfesselte Macht entstanden waren, war es Nirodias, der mit seinem heiligen Schwert die Magie freisetzte, der diese Macht nutzte und lenkte. Daher war es keinem dunklen Wesen möglich, die Portale zu passieren.

Durch die filigranen, neu gesponnenen Fäden, die die Welten verbanden, strömten nicht nur die alten Völker in die Heimat der Menschen. Vielmehr ergoss sich auch eine unbändige, uralte Kraft durch die Risse und durchflutete Valagur mit ihrer wilden, ungezähmten Essenz – die Magie.«